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Unzufriedenheit kann der Ausgangspunkt für Fortschritt und Weiterentwicklung sein. Voraussetzung dafür ist, dass der Unzufriedene seine Unzufriedenheit nicht als Lebenseinstellung pflegt, sondern als einen Zustand ansieht, den er möglichst schnell überwinden sollte. Ständige Zufriedenheit macht auf die Dauer träge, während Unzufriedenheit im richtigen Maß immer wieder Anlass sein kann, sich aufzuraffen und Dinge, die unzufrieden machen, zu verändern.
Grundsätzlich handelt es sich bei Unzufriedenheit um ein Gefühl, das im eigenen Kopf wächst, nicht um ein von außen kommendes Phänomen, dem der Einzelne hilflos ausgeliefert ist. Allerdings ist auch die Tatsache, dass sich eigene Gefühle und Gedanken manchmal schwieriger lenken lassen als äußere Umstände, nicht von der Hand zu weisen.
Zwischen Wunschvorstellung und Wirklichkeit
Jeder Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens bestimmte Vorstellungen darüber, was er von seiner Umwelt erwartet. Unter Umwelt ist in diesem Zusammenhang nicht nur die moderne Variante von grünem Wald, frischer Luft und glücklichen Nutztieren zu verstehen. Zur Umwelt im ursprünglichen Sinn gehören die Menschen, denen wir täglich begegnen, die Baustruktur in unserem Wohnumfeld und die Infrastruktur. Straßen, Autos, Supermärkte, Neonwerbung, alles wirkt auf den modernen Menschen ein und wird von diesem beurteilt.
Während die einen es zu schätzen wissen, umfangreiche Einkaufsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung vorzufinden, möchten andere grüne Landschaften und stille Dorfstraßen sehen, wenn sie aus dem Fenster ihres Wohnzimmers schauen. Unzufriedenheit entsteht, wenn die innere Vorstellung und die äußeren Gegebenheiten nicht zueinander passen.
Familienideale: Unzufriedenheit hat manchmal eine lange Geschichte
Schon die Familienverhältnisse bestimmen mit, was den Einzelnen in seinem späteren Leben zufrieden oder unzufrieden machen wird. Wer in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist, wird angesichts der Notwendigkeit, sparsam zu wirtschaften, weniger schnell unzufrieden sein als derjenige, dem in seiner Jugend jeder materielle Wunsch sofort erfüllt wurde. Auch beruflich prägen die Vorbilder der Eltern die Vorstellungen davon, wie zufriedenstellend die eigene Tätigkeit empfunden wird.
Derartige familiäre Prägungen müssen im späteren Leben nicht immer richtungsweisend bleiben. Es ist jedoch häufig recht nützlich, sich selbst klar zu machen, dass sie vorhanden sind und dass sie zumindest unterbewusst immer noch eine Rolle spielen. Manchmal werden auch erfolgreiche Menschen von Phasen der Unzufriedenheit heimgesucht, die einfach nur dadurch zu erklären sind, dass der Vater als Beamter bis zum Schluss kein Verständnis dafür aufbringen konnte, dass der Sohn eine „unsichere“ Laufbahn als Musiker eingeschlagen hat.
Die Unzufriedenheit des Vaters wirkt hier auf den Sohn, der sich die ihm eigentlich fremde Unzufriedenheit mit seinen beruflichen Erfolgen kaum erklären kann. Wer sich solche Abläufe klar vor Augen führt, der kann seine Einstellung ändern, indem er sich von der unbewusst wirkenden Kritik aus dem eigenen Kopf distanziert.
Unzufrieden mit sich selbst
Unzufriedenheit kann auch dadurch entstehen, dass jemand sich selbst zu hohe Ziele setzt, die er dann trotz anfänglicher Anstrengungen niemals erreicht. Menschen, die von früher Kindheit an immer zum Ehrgeiz und zur Leistung erzogen worden sind, werden besonders häufig Opfer dieser Art von Unzufriedenheit, die jede positive Sichtweise ausschließt. Weil Familienangehörige, Kollegen und Bekannte den Grund der Unzufriedenheit bei einer Person, die ihnen überaus kompetent und erfolgreich erscheint, so gar nicht nachvollziehen können, fühlt der Betroffene sich von allen unverstanden und wird noch unzufriedener. Das Verändern der Einstellung würde hier die Unzufriedenheit schnell beenden können, es fällt dem ehrgeizigen Grübler jedoch sehr schwer. Der Zwang, sich selbst und andere zu kritisieren, ist oftmals so tief im Unterbewusstsein verwurzelt, das guter Wille allein nicht genügt, um zu einer positiveren Lebenseinstellung zu finden. Leider wecken hier manchmal nur ernsthafte Erkrankungen oder andere einschneidende Erschütterungen das Bewusstsein für den eigenen Wert, der nicht täglich neu nachgewiesen werden muss.
Gute Erfahrungen helfen mehr als schlechte Beispiele
Unzufriedenheit lässt sich nur selten dadurch überwinden, dass man sich mit Schicksalen anderer konfrontiert, denen es noch schlechter geht. Wirksamer ist es häufig, sich an eigene Lebensphasen zu erinnern, die schwierig waren und dabei festzustellen, dass sich viele Dinge zum besseren entwickelt haben. Die positive Erinnerung an Momente, in denen ein Gefühl von Kraft und Selbstbestimmung alle Unzufriedenheit überwunden hat, hilft dabei, den Kampf gegen Umstände, die Unzufriedenheit auslösen, nicht aufzugeben.
Nicht alles, was unsere Unzufriedenheit auslöst, können wir auch beseitigen oder ändern. Wer seine Unzufriedenheit aber hinterfragt, statt sie zu pflegen, der wird bald einen Blick dafür entwickeln, wo Initiative nach außen sinnvoll ist und wo eine Änderung der eigenen inneren Einstellung hilft.
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Redaktion, 26.06.2014