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Viele Menschen teilen ihr Leben mit einem Partner, der nicht nur vorübergehend, sondern langfristig beziehungsweise dauerhaft erkrankt ist. Eine solche Situation stellt immer eine Herausforderung dar, muss aber nicht das Ende der Beziehung bedeuten. Ein aufrichtiger Umgang miteinander und das Wahrnehmen eigener Möglichkeiten und Grenzen sind wichtige Voraussetzungen für die weitere Partnerschaft.
Akzeptanz der Veränderung innerhalb der Partnerschaft
Eine chronische Erkrankung ist für die bisherige Beziehung eine große Probe. Sie kann durch eine akute Diagnose oder auch einen allmählichen und schleichenden Prozess in Erscheinung treten. Bei manchen Menschen ist ein schwerer Unfall mit lebenslangen Folgen die Ursache, bei anderen eine Stoffwechsel- oder Autoimmunerkrankung, die mit alltagsrelevanten Einschränkungen verbunden sind. Auch ein Schlaganfall, der häufig mit schwerwiegenden Langzeitfolgen einhergeht, kann von heute auf morgen den Beziehungsalltag verändern.Neben körperlichen Erkrankungen nehmen auch psychische Probleme vielfach einen chronischen Verlauf. Dazu zählen beispielsweise Depressionen oder Angst- und Panikerkrankungen. In jedem Fall beansprucht die Krankheit den betroffenen Partner in einem hohen Ausmaß, was mit der Zeit das Zusammenleben des Paares deutlich beeinflussen wird. Oft belastet die chronische Erkrankung die Beziehung auch deshalb, weil ein Akzeptieren der neuen Gegebenheiten schwerfällt und eine Rückkehr der vertrauten Situation herbeigesehnt wird. Dies wird jedoch nicht passieren, umso wichtiger ist das gemeinsame Bemühen um eine Akzeptanz der neuen gemeinsamen Lebenssituation.
Umgehen mit der neuen Beziehungs-Situation
Im Normalfall tendiert der gesunde Partner zu Bewältigungsstrategien, die mit der Zeit zu einer chronischen Überforderung führen können. Er agiert als stabiler und verlässlicher Teil der Beziehung und möchte Stärke und Belastbarkeit signalisieren. Das Vermitteln einer "Wir schaffen das"- Haltung steht im Vordergrund. Das Kümmern führt häufig zu einer sogenannten Overprotection (Überbehütung), in der dem kranken Partner eine eher passive Rolle zukommt. Auch wenn diese Form der Zuwendung wohlmeinend und verständlich ist, lässt sie dem betroffenen Menschen wenig Raum, seine eigenen Ressourcen und Möglichkeiten zu entdecken.Es kann hilfreich sein, miteinander eine ernsthafte Bestandsaufnahme vorzunehmen, bei der beide Partner ihre persönlichen Wünsche, Ängste und Bedürfnisse aufschreiben und einander mitteilen. Je nach Komplexität und Schwere der Erkrankung ist es sinnvoll, einen Mediator und Paarberater für einige Termine zu beanspruchen, um hier einen guten Umgang miteinander zu finden. Nicht alle Paare sind auf Anhieb in der Lage, einander derart grundlegende Dinge mitzuteilen, die auch verletzend oder verunsichernd sein können.
Neue Wege des Zusammenseins finden
Nach einer Bestandsaufnahme der gegebenen Situation wird es darum gehen, das weitere Miteinander unter Umständen neu zu entdecken und zu entwickeln. Damit die Beziehung stabil und weiterhin auf Augenhöhe möglich ist, sollte ein hohes Maß an Normalität in den Alltag integriert werden. Hierzu sind gemeinsame Interessen und Erlebnisse miteinander wichtig, die möglicherweise neu gefunden werden müssen. Häufig kann ein neues gemeinsames Hobby dazu beitragen, wieder mehr Aktivitäten miteinander zu teilen.Es ist wichtig für die Paarbeziehung, dass der erkrankte Partner die eigene Krankheit nicht zelebriert und als Lebensmittelpunkt gestaltet. Auch kann es sinnvoll sein, für eventuelle pflegerische Aspekte eine zusätzliche Person zu engagieren, damit die Zeiten für das Beziehungsmiteinander nicht überwiegend mit der Erkrankung ausgefüllt sind. Für den chronisch kranken Partner ist es positiv, so viel Selbstverantwortung wie möglich zu übernehmen. Das kann sich entsprechend auf die Einnahme von Medikamenten, die Planung von Therapieterminen oder das Verhalten in Krisensituationen auswirken. Regeln und gemeinsame Absprachen sind an dieser Stelle das A und O.
Eigene Rückzugsräume beanspruchen
Menschen, die mit einem chronisch kranken Partner zusammenleben, tendieren zur Verleugnung persönlicher Interessen und Bedürfnisse. Für eine stabile und glückliche Beziehung ist es jedoch von großer Bedeutung, auch auf sich selbst zu achten. Dazu gehört besonders das Gestalten von Rückzugsmöglichkeiten, beispielsweise durch regelmäßige Treffen mit Freunden ohne den Partner oder durch ein eigenes Hobby. Auch eine Auszeit in Form eines individuellen Urlaubs ist nichts Verwerfliches und kann wesentlich sein, um mit der zusätzlichen Belastung zurechtzukommen und aufzutanken. In der Zeit der Abwesenheit ist im Bedarfsfall gegebenenfalls jemand aus der Familie oder ein Pflegedienst für den Partner da und gewährleistet die benötigten Freiräume.
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Redaktion, 07.12.2017