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Plötzlich verwitwet: Verlust, Trauer, Neuanfang

Plötzlich verwitwet: Verlust, Trauer, Neuanfang

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An den plötzlichen Verlust des Partners denkt niemand gerne und eine Vorbereitung darauf scheint kaum möglich. Wer den Lebenspartner ganz unvermittelt verliert, steht oft vor einem Scherbenhaufen und muss sein eigenes Leben ganz neu ausrichten lernen. Statistisch sind Frauen häufiger davon betroffen, Witwe zu werden, das liegt einfach an der höheren Lebenserwartung. Doch auch mitten im Leben, ganz ohne die Möglichkeit des Abschieds, ist niemand gegen den plötzlichen Verlust eines geliebten Menschen geschützt. Nach dem einschneidenden Ereignis muss der Alltag trotzdem irgendwie gemeistert werden und das Leben weitergehen. Vom Schmerz und von der eigenen Trauer überwältigt kommt dazu noch der bürokratische Stress oder die Formalitäten rund um die Beerdigung. Aktiver Beistand durch Familienangehörige oder Freunde ist gerade in den ersten Wochen eines Verlustes unverzichtbar. Wer dieses soziale Netz nicht aufweisen kann, sollte sich zumindest vorübergehend professionelle Hilfe holen.

 

 

Sich selbst neue Perspektiven eröffnen nach der Trauerphase

 

Es gibt natürlich kein Patentrezept, wie mit der eigenen Trauer am besten umgegangen werden kann, denn jeder Mensch reagiert anders. Niemals sollte sich ein Witwer oder eine Witwe jedoch selbst unter Druck setzen, so schnell wie möglich wieder in den Alltag zurückzufinden und diesen alleine meistern zu können. Denn eine ausreichende Neustrukturierung alltäglicher Dinge nach einem Verlust braucht vor allem Zeit, es kann sogar einige Jahre beanspruchen und das ist auch völlig in Ordnung. Viele werden umgetrieben zu Fragen von Einsamkeit, des Alleinseins an langen Wochenenden oder sind der Gefahr ausgesetzt, sich von der Außenwelt immer mehr abzukapseln und zurückzuziehen. Da diese Möglichkeit real ist, hat es sich als hilfreich erwiesen, ganz neue Beschäftigungen oder Aktivitäten zu suchen, alleine oder mit guten Bekannten und Freunden. Ablenkung ist angesagt, um nicht in der eigenen Trauer und in dem großen Schmerz zu ertränken. Schmerzliche Gefühle und Erinnerungen an die Vergangenheit sind völlig in Ordnung, sollten jedoch nicht zur ständigen Gewohnheit werden, denn das Abgleiten in negative Emotionen kann zu depressiven Verstimmungen und einem dauerhaften Gefühl führen, das eigene Leben nicht mehr richtig bewältigen zu können.

 

 

Den Trauerprozess durch einen liebevollen Umgang mit sich selbst unterstützen

 

Es geht bei einem Verlust immer auch um die Fähigkeit loslassen zu können, damit ein echter Neuanfang möglich wird. Das fällt besonders dann schwer, wenn sich früher im eigenen Leben fast alles nur um den Partner gedreht hat. Es nützt nichts, negative Gefühle der Trauer zu unterdrücken, emotionale Rückschläge und sehr schwierige, bedrückende Tage sind völlig normal und zu akzeptieren. Wann immer der Austausch zu anderen Menschen möglich ist, sollte diese Chance genutzt werden, um über die eigenen Gefühle zu sprechen. Jeder Verlust setzt einen Trauerprozess in Gang, der aktiv durchlebt werden will. Es bringt dabei nichts, sich hängen zu lassen oder gar selbst zu vernachlässigen. Wer niemanden zum Reden hat, sollte sich auch nicht scheuen, die kostenlosen Dienste der Telefonseelsorge in Deutschland in Anspruch zu nehmen. Sich selbst etwas Gutes tun, gesunde Ernährung, sportliche Aktivität und aktive Trauerbewältigung in Selbsthilfegruppen sind dazu geeignet, ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen und dem eigenen Tal der Tränen zu entfliehen. Menschen, die plötzlich verwitwet sind, müssen immer auch wieder damit rechnen, dass sich befreundete Ehepaare oder Einzelpersonen distanzieren, weil sie oft selbst mit der Situation überfordert sind und unsicher, wie sie mit einer trauernden Person umgehen soll. Trauernde sollten diesen Rückzug also nicht persönlich nehmen.

 

 

Die eigene Auseinandersetzung mit dem Tod hilft dabei, nicht in ein tiefes Loch zu fallen

 

Auch nach dem größten Verlust steht irgendwann die Phase der Neuorientierung an. Der Alltag ist dann nicht mehr nur von der Trauer geprägt, sondern es stellen sich wieder neue Perspektiven und zunehmend auch mehr eigene Energie und Lebensfreude ein. Diese Phase nachlassender Verzweiflung sollte genutzt werden, um einen neuen Lebenssinn zu finden, neuen Hobbys nachzugehen oder Pläne für Urlaubsreisen oder Konzertbesuche zu schmieden. Auch ein Umzug als räumliche Veränderung kann ein Element der Trauerbewältigung sein, sollte jedoch wohlüberlegt und nicht bloß aus einem Impuls heraus erfolgen. Wer sich nach einem Jahr der Trauer immer noch nicht an schönen Dingen des Lebens wieder erfreuen kann, sollte in jedem Fall professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Der eigene Umgang mit Tod, Sterben und loslassen können ist ein wichtiger Gradmesser bei der Trauerverarbeitung. Wer durch eigenen spirituellen Fortschritt gelernt hat, den Tod als natürlichen Teil des Lebens zu akzeptieren, kann in der Regel auch mit einem plötzlichen Verlust des Partners besser umgehen, als Menschen, die den Tod zeitlebens gerne verdrängen.

 

 

Bild: Albrecht Fietz auf auf Pixabay 

Redaktion, 12.05.2021